Due Diligence: Risiken erkennen (Mietrecht, Lasten, Zustand)

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Einleitung & Zielgruppe

Die Due Diligence ist der entscheidende Schritt vor einem Immobilienkauf – auch und gerade bei einer Zwangsversteigerung. Sie beschreibt die systematische Prüfung eines Objekts, um Chancen und Risiken realistisch einzuschätzen. Da bei Versteigerungen eine klassische Besichtigung oft eingeschränkt oder gar nicht möglich ist, gewinnen Aktenlage, Gutachten und juristische Unterlagen besondere Bedeutung.

Dieser Beitrag richtet sich an Privatkaufinteressenten, Kapitalanleger und Projektentwickler, die fundierte Entscheidungen treffen möchten. Wir zeigen, wie Sie Mietrecht, Lasten im Grundbuch und den baulichen Zustand systematisch prüfen und bewerten können, um böse Überraschungen nach dem Zuschlag zu vermeiden.

Hinweis: Die Prüfung ersetzt keine anwaltliche Beratung. Gerade bei komplizierten Rechten oder gravierenden Baumängeln ist Expertenrat unverzichtbar.

Wesentliche Besonderheiten

  • Eingeschränkte Besichtigungsmöglichkeit: Oft nur Außenansicht und Gutachten verfügbar.
  • Bestehenbleibende Rechte: Mietverhältnisse, Wohnrechte, Nießbrauch bleiben bestehen.
  • Altlasten im Grundbuch: Dienstbarkeiten und Belastungen können den Wert erheblich mindern.
  • Bauliche Risiken: Schäden, Sanierungsbedarf und versteckte Mängel sind schwer einzuschätzen.
  • Kurzfristige Fristen: Zwischen Terminbekanntgabe und Auktion bleibt wenig Zeit für Prüfung.

Schritt-für-Schritt-Vorgehen

1) Mietrechtliche Prüfung

Bestehende Mietverhältnisse bleiben auch nach Zuschlag bestehen („Kauf bricht nicht Miete“). Prüfen Sie Miethöhen, Vertragslaufzeiten, Kündigungsfristen und offene Forderungen. Mietrückstände gehen meist nicht auf den Erwerber über, wohl aber die laufenden Pflichten wie Betriebskostenabrechnung.

2) Lasten & Grundbuch

Lesen Sie das Gutachten und Grundbuchauszüge sorgfältig: Dienstbarkeiten, Wegerechte, Wohnrechte oder Baulasten können bestehen bleiben. Diese Rechte sind wertmindernd und müssen in die Kalkulation einbezogen werden.

3) Technischer & baulicher Zustand

Das Verkehrswertgutachten enthält Angaben zu Baujahr, Ausstattung, Modernisierungen und Mängeln. Prüfen Sie kritisch, ob Sanierungsstau besteht, ob energetische Anforderungen erfüllt sind und welche Instandhaltungsmaßnahmen anstehen.

4) Umfeld & externe Faktoren

Auch Lage, Nachbarschaft, Infrastruktur und geplante Bauprojekte beeinflussen den Wert. Nutzen Sie Karten und Online-Geoportale, um Umfeld und Erschließung realistisch einzuschätzen.

Recht & Risiken

  • Mieterschutz: Kündigungen nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich.
  • Dienstbarkeiten: Leitungsrechte oder Wohnrechte bleiben bestehen – Nutzung kann eingeschränkt sein.
  • Sanierungsrisiken: Ungeklärte Baumängel oder energetische Auflagen führen zu hohen Kosten.
  • Verfahrensfristen: Kurze Zeiträume zwischen Bekanntmachung und Auktion erschweren die Prüfung.

Zahlen & Beispiele

Beispiel A – Mietwohnung

  • Verkehrswert: 200.000 €
  • Bestehender Mietvertrag: 650 € netto kalt / Monat
  • Kündigungsfrist: 9 Monate (Eigenbedarf)

Cashflow vorhanden, aber Nutzung für Eigennutzer nur langfristig möglich.

Beispiel B – Belastetes Grundstück

  • Verkehrswert: 150.000 €
  • Wegerecht für Nachbargrundstück
  • Wertminderung: ca. 10–15 %

Erwerb sinnvoll, wenn Nutzung trotz Belastung möglich bleibt.

Checkliste

FAQ – häufige Fragen

Was bedeutet Due Diligence bei Immobilien?

Die systematische Prüfung von Mietrecht, Lasten und baulichem Zustand, um Chancen und Risiken zu bewerten.

Muss ich Mietverhältnisse übernehmen?

Ja. Mietverträge bleiben bestehen. Kündigungen sind nur nach gesetzlichen Regeln möglich.

Wie prüfe ich Lasten im Grundbuch?

Über das Gutachten und Grundbuchauszüge. Bestehenbleibende Rechte sind bindend.

Kann ich den baulichen Zustand selbst einschätzen?

Teilweise. Nutzen Sie das Gutachten und ziehen Sie ggf. Sachverständige hinzu.